
Vom Klimarisiko zur Klimachance – eine strategische Gelegenheit für Print
Neu anerkannte EU-Nachhaltigkeitsstandards und ein widerstandsfähiger Magazinmarkt zeigen, dass Print Umweltschutz und Geschäftserfolg vereinen kann.

Anfang des Jahres erkannte die Europäische Kommission Papier im Rahmen ihres Clean Industrial Deals (CID) als strategische und nachhaltige Branche an. Das CID zielt darauf ab, die industrielle Basis Europas zu stärken und gleichzeitig das Ziel der Klimaneutralität zu verfolgen, indem energieintensive Sektoren wie die Druckindustrie unterstützt werden. Und das zu einer Zeit, in der eine neue Studie mit dem Titel "Inside the Print Revival " (von Media Voices, einer wöchentlichen Analyse des Mediensektors) zeigt, dass Print besser abschneidet, als viele glauben – und erhebliche kommerzielle Renditen liefert.
Die CID findet vor dem Hintergrund des zunehmenden geopolitischen Drucks und der Energievolatilität statt, wobei die EU die Notwendigkeit erkannt hat, die Produktionsbasis Europas zu stärken und gleichzeitig an ehrgeizigen Klimazielen festzuhalten. Die Aufnahme von Papier stellt einen Reputationswandel für die Branche dar und markiert eine Anerkennung ihrer Nachhaltigkeitsreferenzen.
"Wir werden nicht mehr als Teil des Problems gesehen, sondern als Teil der Lösung", sagt Marco Eikelenboom, CEO von Sappi Europe und Vorsitzender der Confederation of European Paper Industries (CEPI). "Für Werbetreibende und Markeninhaber verändert sich dadurch das Narrativ rund um Print – von der Altlastenhaftung hin zu klimaorientierten Chancen."

Der Nachhaltigkeitsvorteil von Papier
Die Aufnahme von Papier in die CID ist das Ergebnis seiner starken Umweltleistung. Die moderne Papierproduktion in Europa funktioniert als nahezu Kreislaufsystem - das meiste Papier trägt eine FSC- oder PEFC-Zertifizierung (zur Förderung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung) und mehr als 70 % des Papiers ist bereits recycelt. Außerdem wird bereits mehr als die Hälfte des Herstellungsprozesses mit erneuerbarer Biomasse betrieben.
"Marketer unterschätzen oft, wie sehr sich Print weiterentwickelt hat. Die Vorstellung, dass Print mit Abholzung oder Verschwendung gleichzusetzen ist, hält einfach nicht mehr stand. Wenn es richtig gemacht wird, kann Print die digitale Welt sowohl in Bezug auf das Engagement als auch auf die Nachhaltigkeit übertreffen."
Die Druckindustrie ist versiert darin, Daten zu liefern, um ihre Umweltaussagen zu untermauern. "Das Schöne am Print ist, dass wir es messen können", sagt Eikelenboom. "Wir können Lebenszyklusanalysen, CO₂-Fußabdruckdaten und zertifizierte Beschaffung von unabhängigen Dritten verifizieren lassen. In der heutigen Medienlandschaft ist das Gold wert."
Marken kehren zu Print zurück
Während die EU die Nachhaltigkeitsleistungen von Print anerkennt, erleben Magazine offenbar eine Renaissance – insbesondere jene, die ihre Zielgruppen verstehen, eine Nische bedienen und sich auf hochwertige Inhalte konzentrieren. Im Jahr 2024 steigerten Unternehmen wie Homes & Gardens und Slimming World Magazine in Großbritannien die Auflage um 8 % bzw. 6 %. In den USA steigerte der Politik- und Kunsttitel The Atlantic seine Printauflage um 12 Prozent auf mehr als eine halbe Million. Zudem erweiterte das Magazin sein Printangebot von 10 auf 12 Ausgaben pro Jahr.
Wie Media Voices in Inside the Print Revival feststellt: "Heutzutage steckt das kluge Geld in Premium-Printpublikationen, die mehr aus weniger herausholen, mit einer starken, ergänzenden digitalen Präsenz."

Viele erfolgreiche unabhängige Titel werden hingegen nie geprüft, was darauf hindeutet, dass dieser positive Trend vermutlich noch umfassender ist. In den letzten Jahren hat die Anzahl kleinerer Magazine stark zugenommen – fragen Sie nur den Magazinvertrieb Ra & Olly, der 150 Publikationen aus aller Welt betreut und Themen von Kunst über Ökologie, Reisen, Kinder bis hin zu Musik abdeckt. Der Verlagspartner hat mittlerweile so viele Titel, dass er keine weiteren mehr aufnehmen kann.
Print kann auch heute noch erhebliche Umsätze erzielen. Der Bericht von Media Voices zitiert den Global Entertainment and Media Outlook (2024) von PwC, der prognostiziert, dass Publikumsverlage bis 2026 immer noch drei Viertel ihres Umsatzes mit Printmagazinen erzielen werden. Selbst B2B-Verlage gehen davon aus, dass Print im nächsten Jahr 45 % ihres Umsatzes ausmachen wird.
Am aufschlussreichsten ist vielleicht die Tatsache, dass Marken, die zuvor nur digital waren, nun ihren Kurs umkehren. Im April kündigte der dänische Sender Aller Media die Rückkehr von Femina als monatlichen Titel an, nachdem er erst im vergangenen Jahr eingestellt worden war. Der Verlag räumte seinen Fehler ein und verwies auf die "Nachfrage nach dem gedruckten Magazin sowohl bei den Lesern als auch bei den Anzeigenkunden". Auch etablierte Titel erleben eine Renaissance im Printbereich – so meldete sich das ikonische europäische Modemagazin i-D 2025 mit einer Printausgabe zurück.
Diese Zusammenführung – zwischen einer wiederbelebten Leserschaft von Magazinen und der EU, die Papier als Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft fördert – vermittelt eine kraftvolle Botschaft.
Wie Eikelenboom sagt: "Die Frage ist nicht mehr: 'Ist Print nachhaltig?' Es geht um die Frage: "Warum sollten Sie nicht ein Medium verwenden, das Ergebnisse liefert, Vertrauen schafft und Ihre ESG-Ziele unterstützt?" Das ist die Chance, die wir bieten."